Nach der Arbeit sind die Nebenämter dran

Ob als Säger, Bauer, Holzer, Bienenzüchter, Alpmeister oder Milchkontrolleur: Hans Ruppanner, der letzte Bauer in unserer Serie, weiss seine Zeit gewinnbringend zu nutzen und nennt all seine Nebenämter Hobbies. Auch wenn er bald pensioniert wird und dann den Bauernhof in jüngere Hände gibt, wird ihn kaum je Langeweile plagen.

Schon seit eh und je befand sich der Bauernbetrieb von Hans Ruppanner im Besitz seiner Vorfahren. Einst gehörte er seinem Grossvater, dann seinem Vetter Karl. Damit dies auch in Zukunft so bleiben möge, übernahm Hans Ruppanner vor rund 15 Jahren das Bauernhaus samt der dazugehörigen Grundfläche. Nach und nach kaufte der Hobbybauer Grundfläche dazu und besitzt heute 13.5 Hektaren eigenes Land und hat zudem drei Hektaren in Pacht. Hans kann immer auf die Mitarbeit seiner Söhne zählen, sei es im Stall, beim Heuen oder im Holz. Vor rund acht Jahren erstellte die Familie neben dem bestehenden Stall noch einen zweiten, weit geräumigeren Neubau. Die beiden Ställe zusammen bieten seither Platz für rund 50 Tiere. Zurzeit sind in den beiden Ställen 39 Tiere untergebracht, sagt Hans.

Früh aus den Federn

Ruppanners betreiben auf ihrem Hof Vertragsaufzucht für Bauern vorwiegend aus dem Appenzellerland und dem Thurgau. Die Tiere kommen also als Jungtiere nach Lienz, werden aufgezogen und gehen zum Abkalben wieder auf den heimatlichen Hof zurück. «Auf diesem Hof hatte es immer nur ein kleines Milchkontingent», sagt Hans Ruppanner. Es muss also nicht gemelkt werden, deshalb lässt sich die Arbeit auf dem Hof gut nebenher bewältigen und Hans geht weiterhin seiner Arbeit als Säger nach. Am Morgen heisst es für ihn stets früh aus den Federn zu steigen, denn noch vor Arbeitsbeginn wollen der Stall und das Vieh versorgt sein. Am Abend ist es dann vor allem Ruedi, der sich um den Hof und die Tiere kümmert. Er ist Forstwart, wohnt in Lienz und hat jeweils früh Feierabend. Die abendlichen Stallarbeiten lassen sich für ihn deshalb zeitlich gut einrichten. Seit kurzem ist zudem die tatkräftige Mithilfe von Bruno, dem jüngsten Sohn der Familie, wieder gewiss. Mit seiner Frau Samantha und Söhnchen Nevio ist er nämlich von Waldkirch zurück ins Rheintal gezogen. Er, der ausgebildete Bauer in der Familie, ist es auch, der in Kürze den Betrieb übernehmen wird. Im September dieses Jahres wird Hans pensioniert und damit die Direktzahlungen aus Bern auch in Zukunft ausbezahlt werden, muss der Betrieb spätestens auf diesen Zeitpunkt hin in jüngere Hände übergeben werden. Bruno plant, das bald 100 Jahre alte Bauernhaus zu renovieren und mit seiner Familie dort einziehen. «Es hat mir schon immer gut gefallen, viel in der Natur und mit den Tieren zu sein», sagt er. Der Hof sei aber keine Existenz, deshalb werde er seiner Arbeit in der Landi Altstätten auch weiterhin nachgehen.

Eine Stunde pro Tag gehört den Bienen

Da stellt sich unwillkürlich die Frage, was Hans mit all seiner Zeit als Pensionär anfangen wird, wenn er nicht mehr der Hauptzuständige auf dem Hof sein wird? Darum macht er sich keine Sorgen, denn da sind noch seine zahlreichen Hobbies, die seine Zeit auch künftig beanspruchen werden.

So wird ihn sein Weg auch weiterhin des Öfteren zum Hof führen. Hier steht nämlich sein stattliches Bienenhaus, das er mit viel Freude und grossem Fachwissen pflegt. Einst waren hier zehn Bienenvölker angesiedelt, zurzeit hat Hans aber deren nur noch fünf. Grund dafür sei das grosse Bienensterben im letzten Winter gewesen, bei dem er den gesamten Bestand verloren habe, sagt der Hobbyimker. «Darum musste ich letztes Jahr wieder zwei Völker kaufen». Nachdem die Bienen geschwärmt hatten, sind daraus wieder fünf Völker entstanden, die Hans jetzt hegt und pflegt.

Diese Pflege beansprucht besonders im Frühling und während der Honigernte viel Zeit. «Eine Stunde pro Tag gehört den Bienen», schätzt er. Es gelte im Frühling die Wabenplatten einzulegen, die Brut zu kontrollieren und die Schwärme zu pflegen. Wenn im Herbst die Honigernte vorbei ist, müssen die Bienen eingefüttert werden. Das heisst, im September/Oktober werden die Bienen mit Zuckerwasser gefüttert. Pro Stock werden rund 20 Liter Nahrung zugeführt. Die Bienen müssten auch gegen Krankheiten behandelt werden, damit ihre Chancen steigen, den nächsten Winter zu überstehen, erklärt Hans.

Gemeinsam mit seinen Söhnen ist Hans zudem oft im Holz anzutreffen. Rund 250 bis 300 Ster werden jährlich verarbeitet. Hans fährt nicht mit allen Fahrzeugen und überlässt das gerne seinen Söhnen. Mit einem ausgebildeten Forstwart in der Familie versteht es sich von selbst, dass die Bäume in Eigenregie gefällt werden. Abnehmer für das Brennholz gibt es stets genug. Mindestens 50 Prozent wird jeweils ins Bündnerland verkauft, der Rest findet in der Region seine Käufer.

Oberkamor anstatt Mallorca

Ein weiteres Amt, sprich Hobby von Hans Ruppanner ist die Alpwirtschaft. Seit über 30 Jahren sei er bereits Alpmeister auf Oberkamor, erzählt er. «Alprechte habe ich eigentlich schon immer gehabt und wer Rechte hat, hat auch Pflichten.» sagt er. So ist Hans im Sommer fast jeden Samstag auf Oberkamor am «hagen», bekämpft Unkraut oder organisiert die Bestossung. «Andere gehen nach Mallorca in die Ferien, ich gehe auf die Alp und geniesse dort den Abstand zum Dorf.» Wenn er pensioniert sei, werde er diese willkommene Abwechslung auch öfter an Werktagen geniessen.

Einmal monatlich ist Hans Ruppanner mit dem letzten seiner einträglichen Hobbies beschäftigt und geht von Hof zu Hof und kontrolliert die Milch. Der vom Bund bezahlte Milchkontrolleur von Rüthi, Lienz, Plona und Sennwald misst dabei die Milchmengen und nimmt Proben.

Es sind immer weniger Betriebe, die er besuchen muss, diese werden dafür immer grösser. Es zähle nur noch die immer billigere Produktion – Idealismus habe auf diesen grossen Bauernhöfen keinen Platz mehr. «Kleinere Betriebe werden immer mehr überfahren», bedauert Hans. Für das Fortbestehen seines eigenen Hofes ist vorläufig gesorgt. Auch für Bruno ist jedoch klar, dass die Finanzen stimmen müssen – Idealismus ist auch für einen Bauern im Nebenamt zu wenig einträglich.

«Wenn keines meiner Hobbies mich beansprucht, dann ist es dunkel und ich muss schlafen», bringt Hans sein Leben auf den Punkt und man ist geneigt, ihm das prompt zu glauben. Doch kurz davor – irgendwann zwischen Arbeit und Nachtruhe – ist Hans stets für einen Jass zu haben. Dann vergisst er gerne die Zeit und gibt sich auch mal mit ein paar Stunden weniger Schlaf zufrieden.

Text / Bilder: Heidy Frei